Ein bisschen wie Urlaub ist ja immer der Besuch im Beachcenter am Dulsberg, vielmehr am OSP, Abteilung Beachvolleyball.
Helles Sonnenlicht, Palmen, ganz viel Sand und viele Menschen im Strandoutfit. Neidisch könnte man werden. Wir treffen Clemens Wickler und Nils Ehlers vom ETV, Deutschlands aktuell bestes Beacher-Duo, die gerade eine ihrer ca. 12 wöchentlichen Einheiten abgerockt haben; und die beiden bestätigen auch das Privileg, diesen, ihren Sport so leben zu dürfen. Dies mal vorab. Trainerin Heike Claasen, aushilfsweise bei den Jungs in Verantwortung, denn sonst macht sie die Frauen, beschreibt den körperlichen Zustand der beiden im Vorbeigehen mit „abgeschlafft, aber auf hohem Niveau“. Wir überlegen, wie dann abgeschlafft auf niedrigem Niveau aussieht, aber wir interpretieren den Niveau-Aspekt mal als Ausdruck von „Zufriedenheit“. Denn die Woche war hart: Balltraining bis auf sonntags täglich, abends Athletik, Stabi, Physio on top. Das letzte Jahr, sie spielen erst seit 2022 zusammen, verbuchen sie beide als Kennenlern-Phase.
„Wir mussten uns aneinander gewöhnen“, spielerisch, menschlich. „Wir kennen uns ja schon seit Jahren, haben lange mit- und nebeneinander trainiert, nur eben mit unterschiedlichen Partnern; die Gewöhnungsphase ist jetzt abgeschlossen“, sagt Clemens. „Wir würden uns schon als Freunde bezeichnen, gehen zusammen aus, unsere Partnerinnen verstehen sich, aber wir sind auch Kollegen“, im Beachvolleyball-Zirkus. „Rein sportlich lief das letzte Jahr so in Wellen, vereinzelt konnte man ahnen, wo es hingehen kann“, klingt ein bisschen kritisch, aber eben auch nur vereinzelt.
Immerhin wurden sie Deutsche Meister, waren 3. in Hamburg und in der Türkei. Dieses Jahr ging es mit dem 5. Platz bei einem Turnier der höchsten Kategorie, Elite 16, ganz ok los. „Im Viertelfinale gegen die Besten, das Duo Mol/Sorum, Weltranglisten-Erste, das ist schon eine Prüfung, und gegen die kann man dann auch schon mal verlieren.“ „Und dann haben wir natürlich viel analysiert, festgestellt, wir müssen im Side-Out besser werden.“ Deutlich. Side-out meint Annahme-Zuspielen-Angreifen. „Da müssen wir mehr Punkte machen“, sagt Clemens, „beim Aufschlag und in der Block- und Feldabwehr sind wir schon ganz gut.“ Also trainieren sie, wir werden eingeweiht, neue Spielzüge am Netz. Bislang wird nach der Annahme ans Netz zugespielt und dann mit einer erheblichen Flughöhe (und für die Gegner so ehrlicherweise ganz gut einzuschätzen) nach außen, Mitte oder halb gestellt, jetzt kommt der „Neuner“ dazu. „Der kommt eher aus der Feldmitte, aber flacher, schneller, und kann variabler geschmettert werden, die Flughöhe ist nicht so hoch, für den Blocker gegenüber eben nicht so leicht zu durchschauen“, sehr ätzend, verstehen wir hoffentlich richtig. Was aus Hamburger Sicht ja schon mal top ist. Derweil wir uns ja auch auf unseren Block verlassen können, Nils ist 210 cm hoch, das ist für die Gegner schon mal ´ne Ansage. Und so üben sie, für die Gegner gemein zu bleiben, sie bezeichnen sich selbst als durchaus „eklig“.
Mit ihrem Team, Trainer Thomas Kaczmarek und Physio Bastian Grossheim geht es als nächstes zum „King of the Court“-Turnier nach Miami, „dann bleiben wir zwei Wochen vor Ort und trainieren da, in der echten Sonne und zwar der Floridas, bevor es zum nächsten Elite 16 Turnier nach Mexiko geht.“ Was für ein Leben. Sie strahlen. Dann geht es zurück nach Hamburg, im April dann wieder nach Südamerika, nach Brasilien.
Das Ziel für dieses Jahr ist ambitioniert: „Weltrangliste Platz 5“, sagt Clemens, „man muss sich hohe Ziele setzen.“ Aber wer nach Paris zu den Olympischen Spielen will, ist besser auch ambitioniert am Start, denn der Aufwand ist immens. Und zwischen den Turnieren wird weiter stramm trainiert. „Die Turniere sind da fast Erholung“, sagt Clemens. Gefragt nach dem Studium: „Zurzeit sind wir Beachvolleyballer“, ist die Ansage. Sie wissen aber auch, dass sie bei dem Programm – denn die WM in Mexiko in diesem Jahr ist sehr spät, erst im Oktober, die Saison deswegen sehr lang – auch mal durchatmen müssen. „Sicher werden wir uns, die anderen aber sicher auch, auch mal zwei, drei Wochen rausnehmen. Dennoch ist der Druck immer da“, sagt Nils, denn sie müssen abliefern: Die besten 12 Ergebnisse des Teams sind Kriterium für die Olympia-Quali. Die Zeit läuft, Paris ist nächstes Jahr. „Und wenn’s dumm läuft, hängt das bis zuletzt am seidenen Faden“, erklärt Clemens. Aber der Motivations-Aspekt der Spiele ist riesig. „Auch wenn wir eigentlich immer versuchen, uns auf die kommenden Gegner/Turniere zu konzentrieren, ist Olympia, wenn’s hart wird im Training, schon das größte Argument, sich das alles anzutun“, berichtet Clemens sehr offen, grinst aber: „Und ich lege beim Krafttraining noch mal 5 Kilo drauf.“ Und dafür feiern wir ihn, die beiden und alle, die mit gleichen Idealen und Zielen ihre Ziele verfolgen.
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