„Der Esel nennt sich selbst zuerst“, haben wir mal gelernt, und deshalb wollte der sporting-Herausgeber diesen Artikel erst gar nicht. Aber das wäre unfair, den anderen Preisträger:innen gegenüber und auch den Beteiligten am Projekt „FunFari“.
Das hat nämlich dieses Jahr den mit 15.000 Euro dotierten Werner-Otto-Preis gewonnen. Seit 2021 ermöglicht der Ruder-Club Favorite Hammonia mit „FunFari“ einmal die Woche Menschen mit geistiger Behinderung Rudertrainings; die Sportler:innen lernen Rudern und die Pflege ihrer Boote – und erfahren dabei das Clubleben. Auch im Winter wird trainiert, wenn nicht auf dem Wasser, dann im Übungsraum auf dem Ergo, im Ruderbecken oder beim Krafttraining. Wichtig, so Initiator Martin Blüthmann (sporting-Herausgeber, sehr bescheiden, siehe oben): „Ungeachtet ihrer Beeinträchtigungen begegnen sich alle Aktiven auf Augenhöhe und respektieren einander.“
Mit dem Pilotprojekt verbindet der RC Favorite Hammonia das Ziel, seine Erfahrungen bundesweit an andere Rudervereine weiterzugeben. Dirk Fahrenkrog aus dem RCFH-Vorstand: „Wir sind sehr glücklich über die Auszeichnung, weil wir zeigen wollen, dass gerade auch komplexe Sportarten erlernt werden können“, und der 1. Vorsitzende Mark Schreyer ergänzt: „… was im Umkehrschluss unseren Sportler:innen Mut und dann auch Selbstvertrauen geben soll.“ „Und wir wünschen uns viele Nachahmer, auch im Rudersport“, endet Blüthmann.
Drei weitere Projekte wurden mit Anerkennungen und je 5.000 Euro Preisgeld geehrt:
„Die Anerkennung der Stiftung ist für uns ein absoluter Gewinn und hilft, das Mixed-Reality-Fitness-Angebot bekannter zu machen, damit möglichst viele Menschen in der Metropolregion Hamburg hiervon profitieren können“, strahlt Nizar Müller vom Hospital zum Heiligen Geist in Poppenbüttel, Hamburgs größter Senioreneinrichtung und ältester Stiftung – weshalb man sich über eSport fast wundern könnte.
Nizar: „Hauptziel ist es, mit ‚ExerCube+’ Senior:innen dabei zu helfen, gesund zu altern und ihren Alltagsaktivitäten, wie Sport und Gemeinschaft, im wohnortnahen Umfeld nachzugehen.“ Das eFitness-Gerät „ExerCube“ (in dem riesigen Spielwürfel ist man von 3 Projektionsflächen umgeben) ermöglicht eine spielerische Umsetzung therapeutischer Übungen, eine beginnende Demenz kann ggfs. so verlangsamt werden. „Das Preisgeld wird in weitere Ausstattung investiert, auch soll eine Unterstützung für das ExerCube-Trainerteam gewonnen werden, um das Angebot weiter zu öffnen.“ Und im April findet das erste „ExerCube“-Turnier für alle statt (www.exercube.de).
Für sein niedrigschwelliges Angebot „Sitzgymnastik für Jedermann“ wurde der SC Poppenbüttel ausgezeichnet. Chris Fenske, aktiver Übungsleiter und Mitarbeiter der Geschäftsstelle: „Wir freuen uns sehr über den Preis, da dieser unsere Arbeit im Behindertensport wertschätzt.“ Ziel ist schlicht und (eben nicht immer) einfach, dass Menschen mit körperlichen Einschränkungen in der Gruppe Sport treiben. In der Sitzgymnastik werden neue Kontakte geknüpft; neben dem wöchentlichen Training gibt es zwei-, dreimal im Jahr ein geselliges Beisammensein, um auch das soziale Miteinander zu stärken.
„Egal wie groß die jeweiligen Einschränkungen sind, wir haben für alle Sportler:innen die passende Übung, sodass sich jede:r sportlich aktivieren kann.“ Mit dem Preisgeld möchten sie „auch für die Zukunft das Training interessant gestalten und neues Equipment besorgen“, neue Stühle wurden schon bestellt. Auch eine barrierefreie Toilette ist geplant.
Die 3. Anerkennung plus 5.000 Euro ging an Special Olympics Hamburg für das Projekt „SEI AKTIV!“, das 2020 initiiert wurde, um Menschen mit geistiger Behinderung in betreuten Wohneinrichtungen und Werk- und Tagesstätten trotz Pandemie die Teilnahme an Sportangeboten zu ermöglichen. Über 300 Sportler:innen mit Behinderung trainieren gemeinsam in niedrigschwelligen Kursen, z. B. Gymnastik (am Arbeitsplatz), Boxen, Parkour, Tanzen. Das Besondere: Special Olympics kommt mit einem Trainerteam in die Einrichtung oder bildet Betreuungspersonal vor Ort zu Trainer:innen aus. Ziel ist es, die Teilnehmer:innen zu animieren, Sport in ihren Alltag zu integrieren, neue Kontakte zu knüpfen und ihre Gesundheit zu stärken. Projektleiterin Ilka Meis: „Es hat sich gezeigt, dass ein Großteil der Menschen mit Behinderungen keinen Zugang zu regelmäßigen Sportangeboten hat und vielfältige Barrieren diese Zielgruppe von sportlichen Aktivitäten ausschließt. Daher ist es uns ein besonderes Anliegen, das Projekt bekannter zu machen und auszubauen. Wir hoffen, die verliehene Anerkennung trägt mit dazu bei.“ Wovon wir dann jetzt mal ausgehen.
Jedes Jahr
lobt die Alexander Otto Sportstiftung den Werner-Otto-Preis im Hamburger Behindertensport aus. Der mit insgesamt 30.000 Euro dotierte Preis geht an Projekte, die zur Inklusion und Förderung behinderter Menschen im Sport beitragen. Neben dem Gewinner werden noch weitere „Best-Practice“-Projekte prämiert.
Copyright Fotos: Alexander-Otto-Sportstiftung, privat,