Die IRONMAN-Weltmeisterschaft auf Hawaii ist der Traum eines jeden Triathleten, der Mythos schwingt mit. Auch ich war von dem Wettkampf begeistert und hatte mir nach meiner Ruderkarriere gedacht, dass ich irgendwann mal dort starten wollte.
In meinen kühnsten Träumen hätte ich aber nicht erwartet, dass es so schnell gehen würde, dass ich schon im Oktober 2022 in der Bucht von Kailua-Kona auf die 226 Kilometer lange Strecke gehen würde. Qualifiziert hatte ich mich mit meinem Sieg beim IRONMAN 2021, schließlich habe ich da bei meinem ersten Triathlon überhaupt gleich den Pott geholt (wir berichteten).

Und dann saß ich da, nach 3,8 Kilometern Schwimmen im Pazifik und 70 Kilometern Radfahren hockte ich auf der Leitplanke am Straßenrand und sah meine Konkurrenten der IRONMAN-WM an mir vorbeifahren. Scheiße – ich war dabei, das Rennen aufzugeben. Keine Kraft mehr auf der Pedale, Magenkrämpfe von einer anderen Galaxie und das viermalige Übergeben auf dem Rad während der letzten 20 Kilometer hatten nicht dazu beigetragen, dass ich mich in der Lage sah, die folgenden 15 Kilometer in Richtung des Wendepunktes nach Hawi bergauf zu fahren – geschweige denn die fehlenden 110 Kilometer zu Ende zu bringen. Eine Situation, die ich nicht geplant hatte, und auch keine, die man so hätte haben wollen. Ich befand mich kurz davor, im Hilfsfahrzeug Platz zu nehmen und mich nach Kaliua-Kona zurückfahren zu lassen. Das Fahrrad schon in der Hand, um es in den Kofferraum des Autos zu hieven, teilte mir die Beifahrerin mit, dass sie mich aber nicht mitnehmen könnten, da sie ein Werkzeugwagen seien, der keine Athleten transportieren dürfe.

Also zurück zur Leitplanke. Gedanken sortieren, die nächste Altersklasse beobachten, wie sie an mir vorbeifährt. Nach etwas mehr als 15 Minuten, mit etwas beruhigtem Magen, waren die Gedanken so weit sortiert, dass ich den Anstieg in Angriff nehmen konnte. Die ersten Umdrehungen der Pedale gingen einigermaßen gut. Die Magenkrämpfe waren verschwunden und die Motivation kehrte zurück.
Ich hatte nichts mehr zu verlieren. Vor dem Anhalten hatte ich Kontakt zur knapp 20-köpfigen Spitzengruppe meiner Altersklasse gehabt, als ich wieder auf meinem Zeitfahrhobel saß, befand ich mich irgendwo zwischen Platz 180 bis 200. Gib ihm, dachte ich – der Kämpfer war zurück. Mental aus dem tiefsten Loch herausgeklettert, war ich dabei, den Highway von hinten aufzuholen. Nach 4 Stunden, 45 Minuten erreichte ich die Wechselzone zum Laufen. Meine Gedanken ans Aufgeben waren vollständig verflogen. Mittlerweile auf Platz 31, lagen noch 42 Kilometer Marathon vor mir. Eine Hitzeschlacht über den Highway zum berühmten Energy Lab und wieder zurück. Auch wenn hinten raus die Kräfte nicht mehr ganz so da waren, überquerte ich die Ziellinie nach 9:12:44 Stunden am Pier von Kona.

Möglicherweise war das Ergebnis, für das ich nach Hawaii gereist bin, nicht das, was ich erwartet hatte. Aber im Nachhinein ist der 18. Platz für mich viel wertvoller als ein Platz unter den Top 5 auf dem Podium. Es war ein Sieg der mentalen Stärke, der Beweis, dass man sich nicht aufgeben sollte. Die Frage, ob ich noch eine Rechnung mit der IRONMAN-Weltmeisterschaft offen habe, ob ich nochmals dort starten würde, lasse ich erst einmal unbeantwortet. Denn mit der Challenge Roth, dem größten Triathlon der Welt, und dem vielleicht spektakulärsten Triathlonwettbewerb, dem Norseman Xtreme Triathlon in Norwegen, stehen zwei Rennen in diesem Jahr an, die es in sich haben.
Vor allem das Rennen in Norwegen ist an Exklusivität nicht zu überbieten. Nur knapp 250 Teilnehmer:innen dürfen jedes Jahr am Eidfjord von der Fähre in den 13 Grad kalten Fjord springen und die Distanz von insgesamt 226 Kilometern in Angriff nehmen. Nur die besten 160 erhalten die Erlaubnis, das Ziel auf dem 1.882 Meter hohen Berg Gaustatoppen zu erklimmen. Aber wie diese Reise aussieht, dazu demnächst hoffentlich mehr …
Copyright Fotos: Nils Nielsen, Joel Reischmann
