Laura Ludwig blickt in sporting auf ihre großartige Karriere zurück. Und wir verneigen uns zum Abschied vor Deutschlands Beachvolleyball-Legende.
Was bleiben wird von 20 Jahren Hochleistungssport, das ist sie oft gefragt worden, seit sie nach dem Olympia-Vorrundenaus in Paris Anfang August ihr Karriereende für diesen Herbst angekündigt hat. Und natürlich könnte Laura Ludwig all die Titel aufzählen, die sie gewonnen hat; all die Triumphe nennen, die in den Siegeslisten des Beachvolleyballs mit ihrem Namen verbunden werden. Aber die beste Antwort auf die Frage, was bleiben wird, liefern die unzähligen Bilder, die die 38-Jährige produziert hat. Die Bilder einer Spitzenathletin, der es gelungen ist, die Härten des Profisports so leicht wirken zu lassen wie einen Sommerspaziergang an der Elbe. Die dank ihres sonnigen Gemüts niemals einen Zweifel daran hat aufkommen lassen, dass ihr Beruf für sie genau das ist, was er in einer perfekten Sportwelt sein sollte: Berufung und ein schönes Spiel.
Laura Ludwig lacht, als sporting sie mit diesen Vergleichen konfrontiert. Es gibt ja nicht viel, was sie lieber tut als lachen. Reden vielleicht. Aber dieses Strahlen im Gesicht, das ist ihr Markenzeichen. Obwohl: „Frag mal meine Männer“, sagt sie mit Blick auf ihren Ehepartner Morph Bowes (48) und die gemeinsamen Söhne Teo (6) und Lenny (2), „die kriegen manchmal meine schlechte Laune voll ab, wenn ich mit meiner Performance nicht zufrieden war.“ Ungerechtigkeiten und Phasen, in denen ihr die Energie für Höchstleistung fehlt, das seien Momente, in denen Schluss ist mit lustig. „Aber grundsätzlich war es mir immer wichtig, die Freude auszustrahlen, die mir mein Sport bereitet.“
Dass ihr das gelungen ist, wird niemand bestreiten. Und genau deshalb wird ihr Abschied auch eine Lücke in die Beachvolleyball-Welt reißen, die nur schwer auszufüllen sein wird. Abseits ihrer sportlichen Meriten ist die gebürtige Berlinerin, die als 21-Jährige an den Bundesstützpunkt Hamburg wechselte, genau das Vorbild an Leistungsbereitschaft und Vermarktungspotenzial, das jede Sportart sich wünscht. „Laura ist ein Star, sie wird überall auf der Welt erkannt und ihre Wettkampfhärte wird ebenso wertgeschätzt wie ihre Persönlichkeit“, sagt Weltverbands-Geschäftsführer Finn Taylor. „Für mich ist sie Mrs. Beachvolleyball, eine wie sie wird es nicht mehr geben“, sagt Ingrid Unkelbach, Leiterin des Olympiastützpunktes, „sie hat so viele animiert und wird von allen bewundert. Die unbedingte Leidenschaft für den Sport hat sie mit Talent, Spielwitz und der Fähigkeit, über ihre Grenzen zu gehen, verbunden.“
Anders wäre das, was die HSV-Athletin erreicht hat, auch nicht möglich gewesen. Man darf ja nicht vergessen, dass ihre Karriere 2004 schon fast beendet gewesen wäre, bevor sie begann, nachdem sie im Training einen Schlaganfall erlitt. Und man muss bedenken, dass sie sich nach zwei Schwangerschaften wieder in Topform gebracht und mit vier Spielpartnerinnen, die sich beileibe nicht nur sportlich deutlich unterschieden, auf Weltklasseniveau gespielt hat. Mit Sara Goller, mit der sie 2008 bei der EM auf dem Hamburger Rathausmarkt den ersten großen internationalen Titel gewann und 2008 in Peking (Rang neun) sowie vier Jahre später in London (Rang fünf) bei Olympischen Spielen startete. Mit Kira Walkenhorst, mit der sie 2016 in Rio Olympiagold holte und ein Jahr darauf Weltmeisterin wurde. Und dann mit Margareta Kozuch und Louisa Lippmann, zwei Umsteigerinnen aus dem Hallenvolleyball, die sie immerhin ebenfalls beide zu den Olympischen Spielen führte.
Wer Laura fragt, was auf dem Weg vom Einstieg in den Leistungssport bis zum nun anstehenden Ausstieg die wichtigsten Entwicklungsschritte gewesen sind, der erhält eine Antwort, die typisch ist für ihre Einstellung. „Beachvolleyball hat mich alles gelehrt, was ich heute weiß. Ich habe mich vom kleinen Mädchen, das das Leben und seinen Sport liebte, zu einer Frau entwickelt, die in allen Bereichen 100 Prozent geben und immer besser werden will“, sagt sie. 2008, mit dem Gewinn des ersten EM-Titels, habe sie gespürt, dass das was werden kann mit ihr und dem Leistungssport.
2012 habe sie die Goldmedaille von Julius Brink und Jonas Reckermann bei Olympia in London „total angezündet, so etwas auch zu erreichen.“ Aber erst 2013, als sie in der Zusammenarbeit mit Kira ein Team mit den Spitzentrainern Jürgen Wagner und Hans Voigt bildete, „habe ich verstanden, dass es möglich ist, alles zu kontrollieren, wenn man sich entsprechend professionell verhält. Das war der Durchbruch.“
Was sie besonders glücklich macht, ist der Fakt, „dass es in meiner Karriere keinen weißen Fleck gibt. Ich habe alles gewonnen, was ich gewinnen wollte“, sagt sie. Und mehr noch: Über den Sport hat sie ihren Ehemann kennen gelernt, die beiden Söhne konnten in Paris nun aus nächster Nähe miterleben, wofür sich die Mama Tag für Tag schinden wollte, „auch wenn das oft genug bedeutete, dass die Familie zurückstecken musste, weil Sport die höchste Priorität hatte.“
Das wird, nachdem sie Ende August am Rothenbaum beim Elite-16-Turnier mit einer achtbaren Viertelfinal-Teilnahme von der internationalen Bühne abtrat und sich bei der deutschen Meisterschaft in Timmendorf und einem King-of-the-Court-Spaßturnier in Utrecht (Niederlande) Anfang September endgültig verabschiedet, nun Geschichte sein. Und man darf es ihr ohne leisesten Zweifel glauben, dass ihr die Aussicht auf ein Leben ohne Beachvolleyball keinerlei Sorge bereitet. Was auch daran liegt, dass es ein Leben ohne Beachvolleyball nicht geben wird.
„Ich habe noch gar keinen Plan, was ich machen werde. Aber ich werde dem Sport auf jeden Fall erhalten bleiben“, sagt sie. TV-Expertin ist etwas, das ihr auf den Leib geschneidert ist. Aber auch Trainerin, insbesondere im Jugendbereich könne sie sich vorstellen, „ich möchte gern all das weitergeben, was ich gelernt habe.“ Und mehr Zeit für die Familie, mit der sie in Halstenbek (Kreis Pinneberg) lebt, „ist ja auch nicht schlecht.“ Letztlich ist es auch egal, was sie tut. Denn was immer Laura Ludwig anfasst, wird irgendwann zu Gold werden.
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