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15 Spieler aus Neuseeland und Australien spielen in den fünf Hamburger Herrenteams in der Feldhockey-Bundesliga. Wir haben uns auf die Suche nach den Gründen dafür gemacht.

Acht Sekunden waren noch zu spielen im Stadtderby am 7. September zum Auftakt der Feldhockey-Bundesligasaison 2024/25, als Jeremy Hayward das tat, wofür sie ihn zum Club an der Alster geholt haben. Mit einem so präzisen wie harten Schlenzer versenkte der australische Nationalspieler die letzte Strafecke der Partie zum 3:2-Sieg im Tor des Harvestehuder THC. Und weil Hayward zuvor schon mit zwei weiteren verwandelten Ecken die zwischenzeitliche 2:0-Führung für die Auswahl von Cheftrainer Sebastian Biederlack erzielt hatte, konnte sich der zentrale Abwehrspieler nach Abpfiff mit einem breiten Strahlen im Gesicht als „Man of the Match“ feiern lassen. Wobei ihm zu viel Aufmerksamkeit gar nicht geheuer ist. „Natürlich freut es mich, wenn ich meinem Team mit meiner Stärke bei Strafecken helfen kann. Aber ich bin vor allem hier, um zu lernen“, sagt der 31-Jährige im Gespräch mit sporting, „ich möchte jeden Tag besser werden, und die Bundesliga als eine der stärksten Ligen der Welt bietet mir diese Gelegenheit.“ Das klingt gut, insbesondere aus dem Munde eines studierten Sportlehrers, der sein Land zweimal bei Olympischen Spielen vertreten und mit den „Kookaburras“ 2014 den WM-Titel gewinnen konnte, und der in den vergangenen beiden Spielzeiten für Hertogenbosch in der als stärkste Liga der Welt geltenden niederländischen Hoofdklasse am Schläger war.

Feldhockey Top-Star: Jeremy Hayward
Topstars in ihren Nationen: Polos Neuseeländer Sean Findlay (Foto oben) und Alsters Australier Jeremy Hayward

Aber ist die Motivation, besser zu werden, der einzige Grund, warum es zu dieser Saison in der Herren-Bundesliga eine wahrhaftige „Ozeanier-Flut“ gegeben hat? Allein in den fünf Hamburger Clubs in der zwölf Teams umfassenden Liga spielen 15 Männer aus Australien und Neuseeland, zehn von ihnen sind im Sommer neu gekommen. Das haben wir zum Anlass genommen, um einmal die Hintergründe zu beleuchten. Denn Nationalspieler aus diesen als Hockey-Nationen bekannten Ländern heben nicht nur das Qualitätslevel der Bundesliga an, sondern kosten auch Geld. Viel Geld für Hockey-Verhältnisse, bei Stars wie Hayward kommen für das Gesamtpaket aus Gehalt, Wohnung und Auto mittlere fünfstellige Beträge zusammen. Und das für maximal sechs Monate Arbeit, denn die Hallensaison spielt keiner von ihnen.

Tatsächlich ist die komprimierte deutsche Feldsaison der Hauptfaktor, der die Bundesliga interessant macht für die Männer aus „Down Under“. Dass so viele von ihnen überhaupt in Europa spielen, liegt darin begründet, dass in einem nacholympischen Jahr die Maßnahmen mit der Nationalmannschaft auf ein Minimum begrenzt sind. „Für viele von uns ist das deshalb eine perfekte Zeit, um Erfahrungen in Übersee zu sammeln“, sagt Tim Brand. Der 25-Jährige ist in diesem Sommer zum Hamburger Polo Club gewechselt. Für den Angreifer ist Europa kein Neuland, er ist in den Niederlanden, der Heimat seines Vaters, geboren und hat die vergangenen beiden Spielzeiten in Den Haag verbracht. „Der Hauptgrund, warum ich nun in die Bundesliga gegangen bin, ist eine Regeländerung, die uns erlaubt, im Winter in der australischen Liga zu spielen, was bislang verboten war“, sagt er.

Während in den Niederlanden der Spielbetrieb auf dem Feld nur von einer wenige Wochen dauernden Hallensaison unterbrochen wird, ist in Deutschland von Anfang November bis Ende März Winterpause. Diese nutzen die Ozeanier, um in der Heimat, wo dann Sommer herrscht, Ligaspiele zu bestreiten. Manche zieht es auch in die indische Profiliga, wo innerhalb weniger Wochen von Ende Januar bis Anfang März viel Geld zu verdienen ist.

Der Australier Craig Marais Feldhockey Hamburg
Der Australier Craig Marais, der seit Sommer für den HTHC spielt, war zuvor noch nie in Europa aktiv.

„Die Bundesliga bietet uns diese Möglichkeiten, das wahrzunehmen. Das macht sie sehr attraktiv“, sagt Sean Findlay. Der offensive Mittelfeldspieler gilt als größtes Talent Neuseelands, auch er wechselte nach zwei Jahren in den Niederlanden bei Oranje-Rood Eindhoven zum Polo Club. Der deutsche Vizemeister ist seit einigen Jahren Anlaufstelle für Spieler der „Black Sticks“. Aktuell stehen in Findlay, Kane Russell (32), George Baker (21), Hugo Inglis (33), Aidan Sarikaya (28) und Nic Woods (29) sechs von ihnen im Aufgebot, dazu kommen die beiden Australier Tim Brand und Tom Craig (29). Immerhin drei Neuseeländer – Isaac Houlbrooke (23), Joe Morrison (22) und Simon Yorston (24) – sind es bei Aufsteiger Großflottbeker THGC, beim Uhlenhorster HC steht Neuseelands Nationalkeeper Dominic Dixon (28) zwischen den Pfosten. „Natürlich ist die Gefahr da, dass sich dadurch Cliquen bilden“, sagt Polo-Sportdirektor Christoph Bechmann, „aber die Jungs sind alle sehr offen für ihre Mitspieler, sind sehr integre und lustige Typen und bringen grundsätzlich eine einwandfreie Einstellung zum Sport mit, so dass wir mit ihnen sehr zufrieden sind.“ Das bestätigen im Übrigen alle Trainer. Die Anbindung an eine große Gemeinschaft von Landsleuten hat auch Craig Marais (22) und Corey Weyer (28) die Entscheidung erleichtert, im Sommer zum HTHC zu wechseln. „Natürlich ist es schön, ein paar Jungs aus Australien und Neuseeland in der Stadt zu haben. Wir treffen uns manchmal und sprechen viel“, sagt Marais. Der offensive Mittelfeldspieler ist zum ersten Mal in Europa aktiv, Deutschland habe er sich bewusst ausgesucht, „weil der Stil des Hockeys uns grundsätzlich gut liegt, sehr körperbetont, aggressiv und auf starke Defensive ausgerichtet“, sagt er.

Der Australier Tim Brand Feldhockey Hamburg
Polos neuer Australier Tim Brand hat als Sohn eines Niederländers eine besondere Beziehung zu Europa.

Die Nähe des deutschen Hockeys zu dem, was sie aus der Heimat gewohnt sind, streichen alle Neuen als Grund für ihre Entscheidung heraus. Selbst ein herausragender Offensiv-Zocker wie Findlay, der für die auf spielerischen Offensivstil ausgelegte Hoofdklasse fast geboren erscheint, freut sich auf die neue Erfahrung. „Deutsches Hockey ist sehr strukturiert, ich glaube, dass das eine tolle Herausforderung für mich ist, durch die ich viel lernen werde“, sagt er. Dafür hat er sich gleich für drei Jahre an Polo gebunden, während die meisten anderen Ein- oder Zweijahresverträge unterzeichnet haben.

Bleibt die Frage, die auch im Hockey immer wichtiger wird: Welchen Stellenwert hat das Geld bei einer Wechselentscheidung? „Der Unterschied zwischen Deutschland und den Niederlanden ist, dass hier nicht alle Spieler bezahlt werden. Aber wir verdienen hier genauso gut wie dort“, sagt Sean Findlay. Und am Beispiel Jeremy Hayward lässt sich ablesen, warum Transfers dieser Art für beide Seiten Sinn ergeben. „Wir hatten in den vergangenen Jahren keine gute Ecke, mussten zu viele Tore aus dem Spiel heraus schießen. Dieses Problem haben wir nun gelöst“, sagt Alsters Mittelfeldspieler Dieter Linnekogel, der den Australier seit vielen Jahren aus internationalen Begegnungen kennt und ihm den Wechsel schmackhaft machte. Scheint ganz so, als könnte die „Ozeanier-Flut“ zur Win-win-Situation werden.

Copyright Fotos: Jan Oliver Pemöller, DCadA:Max Hildebrandt, Lars Kopp

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