Zum Start der Hallenhockey-Bundesligen gibt sporting einen Überblick über die Hamburger Teams und erklärt, warum die Variante unterm Dach so populär ist.
U-Bahn-Liga – so wurden die Nordgruppen der Hallenhockey-Bundesliga viele Jahre lang gern bezeichnet, wenn die Sechser-Pools bei Damen und Herren mal wieder nur aus Hamburger Clubs bestanden. In der Saison 2024/25, die am letzten November-Wochenende begann und mit den Final-4-Endrunden in Frankfurt am Main am 25./26. Januar beendet wird, reicht in der Hauptrunde der HVV nur für je eine Auswärtsreise nicht aus. Bei den Damen sprengt der Bremer HC die Hamburg-Connection, bei den Herren der DTV Hannover. Und traditionell sind es die auswärtigen Teams, die als erste Anwärter auf den Abstiegsplatz gelten.
Große Illusionen, dem Kampf um den Klassenerhalt entgehen zu können, machen sich indes auch die beiden Aufsteiger nicht. Sowohl die Damen des Hamburger Polo Clubs als auch die Herren vom Klipper THC müssen nach dem Sprung in die Eliteklasse erst einmal mit dem deutlich höheren Niveau der Topteams vom Club an der Alster, Uhlenhorster HC und Harvestehuder THC Schritt halten. „Uns ist klar, dass es gegen den Abstieg geht, aber wir werden alles reinhauen, um den zu verhindern“, sagt Klippers Cheftrainer Peter Krueger.

Nachdem in der vergangenen Saison der Mannheimer HC beide Titel abgreifen konnte, hoffen sie in der selbsternannten Hockey-Hauptstadt zumindest darauf, wieder Endspiele bestreiten zu dürfen. Vier Hamburger Teams – der HTHC mit beiden Geschlechtern, Alster bei den Herren und der UHC bei den Damen – hatten zu Jahresbeginn das Final 4 erreicht, für alle war im Halbfinale Schluss, dreimal erst im Penaltyschießen. Das Viertelfinale, das die beiden besten Teams der vier Hauptrundengruppen erreichen, ist für alle etablierten Hamburger Vertreter das erste Ziel. Zuvorderst wollen Alsters Damen und die Herren des Polo Clubs ihr Hauptrundenaus der vergangenen Saison vergessen machen.
„Wir wissen aber, wie schwierig das wird“, sagt Polos Co-Trainer Christoph Bechmann, „nicht nur, weil die Konkurrenz wie immer extrem hart ist, sondern weil uns im Vergleich zum Feld viele Nationalspieler fehlen.“ So sind die sechs Ozeanier in der Winterpause auf Heimatbesuch, außerdem können die vier deutschen A-Kader-Akteure erst Mitte Dezember unterm Dach eingreifen. Weil Torhüter Niklas Garst beruflich in Singapur gefordert ist, holte Polo für die Hallensaison Ex-Nationalkeeper Tobias Walter, den Bechmann lange beim HTHC trainierte, vom niederländischen Topclub Oranje-Rood Eindhoven. Außerdem verstärkt der niederländische Nationalspieler Max Swering das Team.
Bei Alsters Damen fehlen zwar ebenfalls mehrere Nationalspielerinnen komplett oder bis Ende Dezember, dennoch sollte der Kader stark genug sein, um diesmal den vom großen Umbruch im Sommer geschwächten UHC hinter sich zu lassen. „Wir haben in dieser Konstellation noch nie zusammengespielt, wollen aber im Januar bereit sein, auf dem Höhepunkt zu performen“, sagt Cheftrainer Julian Tarres.

Hinter Alster macht sich nach dem sommerlichen Transfer-Großangriff auch der Großflottbeker THC Hoffnungen auf das Viertelfinale. „Wir wollen mindestens unter den drei besten Teams im Norden landen“, sagt Cheftrainer Dawid Zimnicki. Der HTHC muss dagegen die Leistungsträgerinnen Franzisca Hauke, Marisa Martin Pelegrina (beide Karriereende) und Laura Saenger (noch verletzt) ersetzen. „Wir müssen wirklich von Spiel zu Spiel schauen, auch wenn das eine Floskel ist“, sagt Übungsleiter Tobi Jordan.
Dass die Hallensaison trotz der Tatsache, dass die meisten Nationalspieler*innen sie aus Termingründen nicht mehr spielen können, nichts an Attraktivität eingebüßt hat, zeigen die Zuschauerzahlen. „Speziell in Hamburg zehren alle Vereine wegen der vielen Derbys davon enorm“, sagt Claas Henkel. Der Sportdirektor des UHC ist großer Fan des Hallenhockeys, „weil es auch für Laien deutlich besser zu verkaufen ist. Es ist überschaubarer, rasanter und dadurch attraktiver, außerdem ist die Atmosphäre in den Hallen elektrisierend.“
Valentin Altenburg, nach seinem Rücktritt als Damen-Bundestrainer nun beim Verband als „Technical Director Youth“ für den weiblichen und männlichen Nachwuchs verantwortlich, hebt die Bedeutung der Hallenvariante für die Ausbildung hervor. „Durch die Enge des Raumes werden Handlungsschnelligkeit und Antizipation gestärkt. Hallenhockey produziert Dinge, die wir auf dem Feld künstlich erzeugen müssten. Außerdem ruft es durch die vielen Führungswechsel und spannenden Phasen Emotionen hervor, die die Wettkampfhärte schulen und die Spielerinnen und Spieler resilienter machen“, sagt er.

Den Wert dessen haben längst auch andere Nationen erkannt. Zwar gibt es kaum andernorts einen so ausgiebigen Spielbetrieb wie in Deutschland, „das bedeutet aber nicht, dass andere Nationen die Halle nicht genauso ernst nehmen würden wie wir“, sagt Claas Henkel, der über die vergangenen Jahre im Trainerstab der Schweizer Herren internationale Erfahrungen gesammelt hat. Insbesondere kleine Nationen, die im Feld nicht ausreichend Spieler gehobenen Niveaus zusammenbringen, haben die Halle für sich entdeckt.
Bei der EM in Belgien Anfang des Jahres holten die deutschen Herren zwar den Titel, hatten aber in jeder Partie hart zu kämpfen und unterlagen erstmals der Schweiz sogar mit 5:6. Bei Welttitelkämpfen ist Österreich Titelverteidiger, Deutschland wartet seit 2011 auf einen Titel, bei den Damen, die in Europa ebenfalls Titelverteidiger sind, seit 2018. Die nächste WM steht vom 3. bis 9. Februar 2025 in Kroatien an.
„Auch das ist eine Nation, die in der Halle deutlich aufgeholt hat. Es reichen fünf, sechs Topleute, um in die Weltspitze vorzustoßen. Die Monopolstellung, die Deutschland mal hatte, ist längst nicht mehr da, und das ist auch gut so“, sagt Claas Henkel, der allerdings in der Dichte der Qualität noch immer einen Vorteil sieht. „Bei uns sind die Hallen selbst bei den U-16-Zwischenrunden voll, und die Vereine machen viel mehr ein Event aus den Veranstaltungen, als es auf dem Feld möglich wäre. Deshalb haben auch alle so viel Bock auf die Hallensaison“, sagt er. Ein HVV-Ticket, um sich das mal anzuschauen, ist ohne Zweifel gut investiertes Geld.
Copyright Fotos: Lars Kopp, Witters Sportfotografie, privat, Hockey-Bundesliga/Dirk Markgraf