… sagte Esther Henseleit, als sie im Dezember kurz vor Weihnachten Hamburg mal wieder einen Besuch abstattete.
Das mag so stimmen, allgemein in der Welt des Golfsports und vor allem in den Staaten, wo sie ja seit einigen Jahren zuhause ist. Für uns Hamburger aber gilt das eher nicht. Esthi, du bis für uns ein Superstar. Silber bei Olympia in Paris, unvergessen, was für ein Coup im August! Und natürlich ist die Auszeichnung zu Hamburgs Sportlerin des Jahre 2024 für die Spielerin vom HGC Falkenstein so was von verdient. Wir ziehen unseren Hut, gratulieren und freuen uns für sie.
Schon 2019 hatte Esther den Preis eingeheimst. Damals gerade 20 Jahre jung und ganz am Anfang ihrer Profikarriere, nachdem sie als Amateurin ihre Gegnerinnen in Grund und Boden gespielt hatte. Sechs Jahre später hat sie sich schon ganz viele sportliche Ziele verwirklicht. Vor allem der eine, den jeder junge Athlet irgendwie anstrebt, weil es einfach das Geilste ist, was ein Sportler erleben kann: Die Teilnahme an den Olympischen Spielen. „Ich habe die ganze Woche im Olympischen Dorf gewohnt, in der Cafeteria gegessen, anderen Stars im Gym zugeschaut“, erzählt sie. „Ich bin voll in Olympia eingetaucht, ich habe mir da einen Lebenstraum erfüllt.“ Wir freuen uns aber auch für uns selbst – und für alle Golffans in und um Hamburg. Und alle, die es vielleicht noch werden wollen und mal einer absoluten Topathletin aus nächster Nähe bei der Arbeit zuschauen wollen. Weil das nämlich geht, vom 26. bis 29. Juni draußen in Winsen. Da schlägt die aktuell 31. der Weltrangliste als Hauptattraktion bei der Amundi German Masters auf den Green Eagle Golf Courses ab.

„Seit es wieder Profiturniere in Deutschland gibt, ist es mein Ziel, hier zu spielen“, sagt sie.
Ja klar … Die von ihrer Persönlichkeit her eher schüchterne und vorsichtige gebürtige Friesin hat nicht nur auf dem Golfplatz noch dazugelernt in ihren Profijahren, sondern auch bei ihren öffentlichen Auftritten. Medientraining? Vielleicht, möglicherweise auch einfach dazugewonnene Selbstsicherheit durch Erfolge und Übung. Schon sehr cool, wie sie den Interviewmarathon in Paris nach ihrem Silbercoup absolviert hatte. Freundlich, immer ein Lächeln parat, offen, kein Blabla. Aber nur so viel rauslassen, wie es passt. Immer schön die Kontrolle behalten. Das gilt auch für die Auftritte in den sozialen Medien. Winterurlaub, Happy-Selfies mit ihrem Schatz/Trainer/Caddie/Verlobten Reece Phillips, Training auf der Range in ihrem amerikanischen Wohnort in Arizona – „wo das Wetter nun mal besser ist“. Ihre Fans können dosiert dabei sein. Auch wenn mal wieder eine neue Werbepartnerschaft mit einem Sponsor klar gemacht wurde. Den lernen wir dann auch gleich kennen. Es läuft bei Esther. „Ich freue mich auf die neue Saison“, teilte sie uns allen mit.
Und es gibt ja auch sportlich neue Ziele. Ein Turniersieg auf der US-Tour, der fehlt noch. Das hat auch was Unvollendetes. Das soll nun als nächstes passieren. Gerne auch ein Erfolg bei einem der fünf Majorturniere, da fehlt eben noch was. „Mein Standing in den USA hat sich durch die Olympiamedaille schon verbessert“, weiß Esther. Allererste Liga aber ist sie eben nicht. Am 13. Februar steigt sie wieder in das Sportjahr ein. In Saudi Arabien. Das finden wir so Na ja. Chevron-Circle-Right Aber es ist der Job und die Saudis hauen da mal eben aberwitzige fünf Millionen Dollar Preisgeld raus. Das ist Sportwashing vom Allerfeinsten natürlich. In Winsen gibt es 300.000 Euro.
Das Deutschlands beste Golferin da antritt, auf einem Turnier der europäischen Serie, wo sie doch eigentlich auf der lukrativeren US-Tour berufstätig ist, liegt also nicht an der Kohle, sondern an der Geschäftsverbindung zu der Agentur U.COM aus Düsseldorf. Die managen sie einerseits wie viele andere deutsche Profis, andererseits veranstalten sie auch das Amaundi Masters. Also rief Agentur-Boss Dirk Glittenberg bei Henseleit an: „Esther, ich brauche dich. Bekommen wir einen Termin hin?“ Bekamen sie. Und das ist auch gut so.
Denn die Verbindung zu ihrer norddeutschen Heimat ist nicht abgerissen. Mit 14 Jahren war sie einst aus Bad Zwischenahn nach Hamburg gekommen, um ihr Golfspiel im HGC zu verbessern. „Jugendarbeit ist für das deutsche Golf sehr wichtig“ erklärte Henseleit also aus eigener Erfahrung. Die Idee, dafür ein Qualifikationsturnier für talentierte U18-Spielerinnen auszutragen, hat sie selbst vorgeschlagen. Auch zum HGC hat sie noch Kontakte, schreibt mit der einen oder anderen Mitspielerin von früher. „Ich verfolge noch mit großem Interesse, was sie so machen, ich schaue mir die Ergebnisse in der Bundesliga an und komme, so oft es geht“, so Henseleit, „und ich habe mich sehr gefreut, dass sie letztes Jahr auch ohne mich das Double aus Deutscher Meisterschaft und Europacup wieder gewinnen konnten.“ Man sieht sich also, spätestens im Juni. Allüren? Quatsch. So ist sie nicht. Alles schön norddeutsch ruhig und bodenständig. Trotz der Erfolge in der Welt. „Ich hoffe wirklich sehr, viele Freunde und Familie in Winsen zu sehen“, sagt Esther Henseleit, „mehr Aufmerksamkeit bei einem Heimturnier für mich ist schön, das hilft vielleicht auch, den Sport in Deutschland etwas größer zu machen.“ Ein weltweiter Superstar wird sie trotzdem nicht. Weil sie dafür eben nicht der Typ ist. Und das finden wir auch gut so.
Copyright Fotos: Witters Sportfotografie