Wenn man, und wir sind ja eigentlich gar nicht so super anspruchsvoll, so durch die Hamburger Sportlandschaft schaut und checkt, welches Team in welcher Liga am weitesten oben spielt, stellt man und sporting fest: Das sitzt bzw. spielt in Lüneburg.
Volleyball. Männer, seit Olympia auch irgendwie noch wieder cooler. Und um rauszukriegen, wie das denn alles sein kann, muss man dann aber wiederum nicht ganz an die Ilmenau, denn wir treffen den Sportlichen Leiter der SVG Lüneburg am Bundesstützpunkt Beach-Volleyball in Hamburg: Bernd Schlesinger, 65, einer der besten Volleyball-Trainer Deutschlands. Denn der ist mit einer halben Stelle für den Deutschen Volleyball Verband auch Leiter des Beachvolleyball-Bundesstützpunktes.

Seit 2011 kümmert er sich aber eben auch mit seinen Mitstreitern um Spitzen-Volleyball in der Heide. Damals war die Spielvereinigung Gellersen-Lüneburg in der 2. Liga so lala unterwegs. „Nach drei Jahren klappte dann der Aufstieg in die erste Liga“, sagt er heute. Das auch natürlich dank des Trainers Stefan Hübner, selbst ehemaliger, internationaler Spitzen-Volleyballer und Bernds ehemaliger Trainingsmann. Und seitdem geht es bergauf, stetig, mühsam, in kleinsten Schritten, aber bergauf. Das Geheimrezept ist gar nicht so geheim, weil offensichtlich: Kontinuität!!! Bernd, gemeinsam mit Trainer Stefan und dem Mann, den man durchaus als Initiator von‘s Janze bezeichnen darf: Der äußerst umtriebige, ehemalige Bürgermeister der Gemeinde, Andreas Bahlburg.

Seit über 10 Jahren agieren die drei gemeinsam und manövrieren Lüneburg inzwischen in die europäische Spitzenklasse, denn seit drei Jahren wird in LG international gespielt, seit zwei Jahren Champions League. Doch Bernd holt weiter aus. „Es geht nicht um uns drei, und by the way, natürlich diskutieren wir auch immer wieder, aber es geht um das große Ganze“, sagt er. Auch um das Ehrenamt. „Der ganze Verein ist mitgewachsen, mitgegangen: seit 15 Jahren bauen die gleichen tollen Menschen die Netze auf, genau so lang haben wir unsere Anschreiber am Start, und das, obwohl natürlich in allen Bereichen die Anforderungen seitens der Verbände, aber auch die Ansprüche gestiegen sind. Schon immer war die Maxime: „Wir müssen uns zusammen mit dem Umfeld entwickeln und wachsen“, sagt er auch heute noch, denn die Reise ist ja noch nicht vorbei. Irgendwann werden wir Meister, „das kommt dann von alleine“, sagt er mit strahlenden Augen und verlässt sich auf die Erfahrungen der letzten Jahre. Chevron-Circle-Right „Lange spielten wir in einem Schuhkarton“, einer stinknormalen Dreifach-Turnhalle in Gellersen.
Und als diese immer wieder platzte, aber auch das Vertrauen in die sportliche Qualität gefestigt genug war, wurde eine neue Arena gebaut. Heute ist die LKH-Arena regelmäßig, selbst gegen den Tabellenletzten, ausverkauft. „Unsere Zuschauer kommen aus ganz Norddeutschland, Dänemark, Holland. 3.200 Zuschauer fasst die Halle, 300 VIP-Gäste und Party danach inklusive. „Die Gelassenheit, die Geduld, mag ausschlaggebend sein. „Wir lassen uns nicht treiben“, sagt er. Aktuell sind sie in der Liga Zweiter, Liga-Primus Berlin ist aktuell noch ein Stück weit weg, aber auch der fast doppelt so große Etat der Hauptstädter ficht die Lüneburger nicht an.

„Zurzeit ärgern wir sie trotzdem immer wieder ganz gehörig und irgendwann … Und das mit unserem Etat. Und wir investieren dabei viel in unsere Jugendarbeit, wollen natürlich, wenn möglich, auch Spieler aus den eigenen Reihen im Team haben“, sagt er. „Wir fahren mit allen Jahrgangsstufen zu den Deutschen Meisterschaften“, sagt er, und als weiterer Beweis: Mannschaftsführer aktuell, das SVG Eigengewächs Theo Mohwinkel, 22, der nicht nur spielerisch, sondern auch inzwischen auch mental echte Führungsqualitäten mitbringt. „Wir haben eine sehr junge Mannschaft“, sagt er dazu. „Wir könnten fast U23 spielen“ grinst er. Kracher in der aktuellen Saison: Xander Ketrzynski, 25, kanadischer Nationalspieler, Olympiateilnehmer, Diagonalspieler, Bernd: „er spielt schon das 3. Jahr bei uns und hat sich super entwickelt“, sagt er. Offensichtlich.

Auch Josha Kunstmann, 21, und Simon Torwie, 23, beide inzwischen in der erweiterten deutschen Nationalmannschaft, machen augenscheinlich richtig Spaß. „Wir wollen keine Söldnertruppe“, sagt er, obwohl sie auch in diesem Jahr sieben neue Spieler ersetzen müssen. „Es gibt Vereine, die können mehr zahlen, die jagen uns die Talente ab“, und immer noch bleibt Bernd gelassen. Er sagt: „Stefan hat so viele Kontakte weltweit, auch ehemalige Spieler schlagen ihm immer wieder Talente, gerade aus dem nordamerikanischen Uni-Volleyball, vor, die wir hier dann weiter entwickeln.“
Und dennoch tut sich auch da was: „Wir sind inzwischen in der Lage längerfristige Verträge zu machen, ein gutes Gefühl“, beschreibt er die sich auch immer weiter positiv entwickelnden Planungshorizonte. Die auf großartige Weise durch langfristige Partnerschaften auf Sponsorenseite genährt werden. Anja Thomsen, Marketingleiterin der LKH: „Als sich 2022 die Gelegenheit bot, die SVG als Hauptsponsor zu unterstützen, haben wir sofort zugesagt. Wir arbeiten vertrauensvoll zusammen und sehen natürlich die nachhaltige Entwicklung und die Erfolge des Teams. Daher haben wir uns entschieden, den Vertrag vorzeitig um weitere 4 Jahre zu verlängern.“
Und das ist im deutschen Sport eher ungewöhnlich. Also glauben wir an das Modell SVG und hoffen Bernd Schlesinger hat recht, wenn er sagt: „wir wollen in den nächsten Jahren immer international spielen, das heißt in Deutschland immer top vier, und dann klappt es auch irgendwann mit dem Titel.
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