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Wir treffen Frederik Svane; ein Name wie aus Wickie, zumal sein Bruder auch noch Rasmus heißt, irgendwie zumindest aus Skandinavien.

Und tatsächlich: „Meine ganze Familie außer mein Zwilling Magnus und ich sind in Dänemark geboren worden“, erzählt Frederik, die Familie lebt in Lübeck. Trotzdem ist Frederik (18) Hamburger SportTalent des Jahres, weil er nämlich für den Hamburger Schachklub (HSK) an das Brett geht, und weil er Schachgroßmeister ist. Und wer jetzt denkt, wir schnacken mit einem Freak, täuscht sich radikal. Mit zwei, drei Jahren hat Frederik schon Feuer gefangen, Bruder Rasmus hatte damals ein Mini-Schachspiel – nicht bei einem Beutezug, sondern in seiner Cornflakes-Packung – gefunden, seine Leidenschaft gleich mit, und Klein-Frederik dann eben auch.

Noch heute spielen beide zusammen im Hamburger Schachklub in der Bundesliga, bei den ersten Herren natürlich, aber am Brett, in den Bestenlisten, in der ganz großen Schachwelt, macht jeder seins. „Wir ziehen unser Ding getrennt durch“, sagt Frederik sachlich, denn tatsächlich sieht ein klassischer Mannschaftssport anders aus. „Die Mannschaft beim HSK ist sehr heterogen, aber alle Spieler haben einen echten Bezug zu Hamburg, wir haben da keine eingekauften Spitzenspieler aus dem Ausland, wie in anderen Teams.“ Noch ist sein Bruder in der Weltrangliste ein bisschen vor, „aber nicht mehr immer besser“, grinst Frederik. Sieben bis acht Stunden trainiert er täglich, am PC natürlich, denn die Schachwelt hat sich digitalerweise natürlich extrem verändert. „Ich habe aktuell keine persönlichen Trainer, habe aber viele Trainingssessions mit Trainern und Spielern auf der ganzen Welt, dann per Skype, kürzlich mit einem israelischen Trainer, häufig in Hamburg mit Großmeister Dr. Karsten Müller.“ Frederik erklärt: „Trainer müssen nicht besser sein, wissen aber oft mehr, haben mehr Erfahrungen.“ Matches gegen andere Spieler helfen sehr, und der Austausch danach, „die meisten Schachspieler sind da sehr objektiv“, sagt er, „Computer sind sowieso viel besser als alle Menschen.“ Und so hat Frederik über eine Hamburger Schachsoftware Zugriff auf alle jemals im Netz gespielten Partien sowie auf (fast) alle Partien, die am Brett gespielt worden sind, und kann sich anschauen, was er bei Zug X hätte anders, besser machen können, kann sich einstellen auf die Spielweisen der nächsten Gegner.
Frederik hat in diesem Jahr sein Abi gemacht, war ein ganz normaler Schüler, interpretieren wir jetzt mal, wenn er meint, „kein guter Schüler“, ist aktuell „vorübergehend“ Schachprofi. Er hat auch Freunde, die keine Schachspieler sind, viel Zeit hat er bei seinem Pensum allerdings nicht. „Ich muss superfit sein“, sagt er. „Wenn ein Match fünf, sechs Stunden dauert, ist das auch körperlich“, sein Ausgleichssport ist Joggen, manchmal macht er auch Kraft- und Fitnesstraining. „Um Großmeister zu werden, muss ein bestimmtes Ranking erreicht werden und man muss dreimal eine herausragende Leistung abgeliefert haben“, erklärt Frederik, was ihm wohl geglückt ist, denn irgendwann flatterte ihm das Zertifikat des Weltverbandes zu. Sein größter Erfolg war der 2. Platz bei der DM der Erwachsenen, 2020 war er U16-Weltmeister. Seine Vision sind die Top 100, „dann kann man wohl auch einigermaßen davon leben“, sagt er, noch besser, Top 40 ;-). Erstaunlich, unter den Top 100 sind kaum Spieler über 35, vielmehr sind etliche junge Spieler am Start. Nur Spieler? Ja, leider, fast: „Generell spiele ich hauptsächlich gegen Männer, da nur ca. 4 % aller Schachspieler:innen Frauen sind und deswegen nur sehr wenige Frauen auf höchstem Level spielen. Es gibt nur drei Frauen auf der Welt, die besser sind als ich und deswegen ist natürlich logisch, dass ich nur sehr selten gegen diese spiele.“ Ein ganz ätzendes Erlebnis hatte Frederik zuletzt 2021: „Da brauchte ich eigentlich ein Remis, ich lag vorn, hätte mit 99 % wohl gewonnen, habe das vom Gegenspieler angebotene Remis abgelehnt – und dann doch noch verloren“, ärgert er sich noch heute und stellt nebenbei seinen riesen Anspruch unter Beweis. Spannend im Zusammenhang mit der Vorstellung, dass ein großer Teil der Schachwelt nur noch digital unterwegs ist: wie vermieden wird, dass geschummelt wird, wenn online immer auch eine andere, bessere Alternative für Schachzüge angeboten wird. „Online-Cheating“ ist ein Problem, mehr als offline am Brett zu betrügen, aber die Veranstalter, die Verbände arbeiten mit Kameras, auch am Bildschirm. Bei Topturnieren in Präsenz werden oft Metalldetektoren und andere Technologien als Gegenmaßnahme gegen Cheating eingesetzt. Spannend ist diese Welt auf alle Fälle, sehr entspannt ist Frederik. Und er freut sich sehr über die Auszeichnung zum SportTalent des Jahres hier in Hamburg, ein Award des Olympiastützpunktes, der Eliteschule des Sports und des Hamburger Sportbunds, weil sie auch eine tolle Anerkennung für seinen Sport ist. Zu Recht.

Copyright Fotos: Deutscher Schachbund/Frank Hoppe, Witters/HSB, Deutscher Schachbund/Frank Hoppe

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