Immer wieder tun sich, tun wir neue Sportarten auf, die wir gern begleiten, vorstellen, ausprobieren. Padel Tennis war zuletzt so ein Ding – mit Potential zum Trendsport, schnell und athletisch, cool undundund.
Nun haben wir das komplette Gegenmodell – und sind trotzdem schwer angetan. Jetzt gibt’s nämlich richtig auf die Ohren: Wir berichten vom Spielmannszug der Turnerschaft Harburg von 1865 und schnacken mit dem musikalischen Leiter Holger Peters. Der findet seinen Spielmannszug und alles drumherum so schön, dass er immer gerührt ist, und das ist wunderbar. „Wir werden dieses Jahr 150 Jahre alt und sind damit der älteste Turnerspielmannszug Deutschlands“, erklärt er. Die Dudelsack-Truppe vom FC St. Pauli ist dagegen wahrscheinlich Kiki-Kram. Holgers Mitspieler:innen sind zwischen 26 und 66 Jahre alt, ein schöner Misch, eine tolle Gemeinschaft, „wie Familie“, sagt er.
Er hatte damals Bock zu trommeln; wenn das nicht klappt, spielst Du eben die Querflöte, hieß es damals, oder eben die Lyra. Das ist der Schellenbaum, der beim Spielmannszug immer vorneweg marschiert. Sein Ding inzwischen. Vorneweg marschieren sowieso. Holger organisiert zusammen mit der Abteilungsleiterin Christina die Gruppe, er die Musik, „gerade haben wir ‚Ich liebe das Leben’ von Vicky Leandros ins Repertoire aufgenommen, ein tolles Lied, hat gerade ein Comeback, sozusagen“, zumindest in Harburg, und Holger und seine Kolleg:innen ca. 10 Auftritte im Jahr. Zu Corona-Zeiten kamen sie groß raus. Das, was sie nicht bei Laternenumzügen spielen konnten, schmetterten sie vor Seniorenheimen und brachten hier und da tolle Abwechslung und Schwung in die Bude der einsamen, oft ja isolierten Bewohner:innen. Eine große Freude für sie, aber auch für die Musikant:innen. Warum? „Die Musik macht mich ruhig“, sagt der geborene Harburger, worauf er sehr stolz ist. „Und andererseits enthemmt sie auch“, erklärt er, und neue Freundschaften sind Programm. Auch mit dem Partner-Musikzug aus Newcastle.
Sie haben längst einen Ehrenpreis vom Bundespräsidenten (PRO MUSICA) und machen nicht nur traditionelle Marschmusik zu Schützen- und Laternenumzügen, sondern auch konzertante Stücke. Großartige Vorkenntnisse müsse man nicht mitbringen, „dafür bin ich ja da“, nimmt er Neu-Anfänger:innen die Sorge. Die erfahrenen Spielleute besuchen regelmäßig Lehrgänge und Fortbildungen, um das gute Niveau zu halten. Sehr enttäuscht ist Holger, wenn sie auf Events provoziert werden, „wenn Menschen mit unserer Musik nichts anfangen können und pöbeln.
Das ist nicht schön“, sagt er. Das ist zum Kotzen, sagen wir. Aber Holger sieht vielmehr die Freude, die sie haben, die Freude, die sie bereiten, und dann ist alles richtig. „Nichts ist schöner, als den Kindern mit ihren Laternen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.“ Das ist so. Das nächste Mal gehen sie beim Zapfenstreich des Hamburger Schützenfestes an den Start, am 18. Juni. Also hin da, und grüßt Holli und seinen Spielmannsumzug von uns.
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